Mit Snowman1 im Einsatz
Kirchheimbolanden/Rockenhausen, 9. Januar 2010
Es ist Winter in Deutschland. Seit Tagen haben die Medien die Nation auf diesen Wintereinbruch vorbereiet. Szenen aus dem Film “The Day after Tomorrow” wurden wieder lebendig. Das Fernsehen und die Presse haben zum Teil vor dem totalen Zusammenbruch des öffentlichen Lebens gewarnt: Kollaps auf den Straßen, Einstellung des Schienenverkehrs, massive Schäden an den Hochspannungsleitungen. Sie haben die Bevölkerung zu Hamsterkäufen aufgefordert.
Der Landrat des Donnersbergkreises, Winfried Werner, hält diese Warnungen für übertrieben. Wir haben ihn an dem Neujahresempfang des Donnersbergkreises für Kinder getroffen. Dort haben Zauberer Martin Mathias und sein Sohn Jakob die Kinder mit ihrem Programm verzaubert. Von Landrat Werner haben wir erfahren, wo die nächsten Straßenmeistereien sind: In Erbes-Büdesheim und in Rockenhausen. Wir entscheiden uns für Rockenhausen und machen uns bei Einbruch der Dunkelheit auf den Weg.
In der vergangenen Nacht hat es schneit. Zehn Zentimeter Neuschnee sind gefallen. Es ist leichter Pulverschnee. Das wäre harmlos. Doch es ist windig. Dies führt zu Schneeverwehungen. Und diese sind tückisch.
Auf dem Weg über den Donnersberg begegnen uns einige Fahrzeuge. Diese geben alle Jahre wieder das gleiche Bild ab: Autos, bei denen nur ein kleines Guckloch auf der Scheibe freigekratzt wurde, PKW, bei denen zwar die Scheiben, aber weder die Scheinwerfer noch die Heckleuchten vom Schnee befreit wurden und immer wieder gerne genommen: Autos, die ohne Licht unterwegs sind.
Der Weg über die Land- und Kreisstraßen ist tückisch. Eben noch liegt eine tiefschwarze Straße vor uns. Doch hinter der nächsten Kurve hat der Wind zu Schneeverwehungen geführt und man kann das Ende der Straße und den Beginn des Grabens nur noch erahnen.
In der Straßenmeisterei Rockenhausen werden wir freundlich empfangen. Acht Räumfahrzeuge sind im Einsatz. Diese kommen langsam wieder rein. Vier davon können sich vorerst ausruhen, Zwei LKW und zwei Unimog bleiben bis 2 Uhr im Einsatz.
Die Arbeit im Winterdienst ist eingeteilt: Eine Mannschaft aus dem Westerwald kümmert sich um die Autobahnen. Die Straßenmeisterei ist für Bundes-, Landes- und Kreisstrassen zuständig.
Die örtlichen Bauhöfe befreien die Kommunalstraßen von der weißen Pracht. Einige Gemeinden haben diese Aufgabe an örtliche Unternehmen übertragen. So ist Andreas Schmand für die Firma WÖBAU aus Wörrstadt im Winterdienst tätig.
Landwirte und Lohnunternehmer werden engagiert, um Parkplätze von Geschäften freizuräumen. So kann man Michael Fernekeß unter anderem auf dem ALDI- und EDEKA-Parkplatz in Rockenhausen beobachten, wie er einen John Deere 6920 der Firma Anicker routiniert über die Parkplätze steuert. Zentimetergenau fährt er den 5,50 Meter breiten Schneeschieber an Plakatwänden, Blumenkübeln, Baumeinfassungen und Einkaufswagen vorbei.
Das Gebiet der Straßenmeisterei Rockenhausen, ist in acht Routen aufgeteilt. So weiß jeder Fahrer, wohin er zu fahren hat. Wenn er nur streut, dauert eine Tour ca. 2,5 Stunden. Wenn auch Schnee geschoben wird, ist der Fahrer länger unterwegs. Er muss dann meist eine Strecke zweimal fahren, um die Fahrbahn in beiden Richtungen von dem Schnee zu befreien. Gestreut wird mit Flüssigsalz. Die Fahrzeuge sind mit zwei Behältern ausgerüstet. Diese fassen 3.000 Liter Flüssigkeit. Es ist 20 %ige Natriumlauge. Ein Radlader befüllt die Fahrzeuge mit Salz. Auf dem Streuteller wird das Salz mit der Flüssigkeit gemischt. Insbesondere bei Wind ist dies von Vorteil, da die Eiskristalle nicht weggeweht werden. Der Streuteller kann so eingestellt werden, dass er die gesamte Fahrbahnbreite, also zwei Spuren, mit Salz versorgt. So wird eine Dosis von 20 gr Flüssigsalz pro qm aufgebracht.
Wie wird das Wetter in den nächsten Stunden? Die Informationen des Deutschen Wetterdienstes in Offenbach sind hierfür eine zuverlässige Quelle: Gebietsweise leichter Schneefall. Der Wind läßt nach.
Der Kolonnenführer Kirchberger telefoniert kurz mit einem Sascha Schwarz und kündigt seine Mitfahrer an. Das Fahrzeug ist gerade in der Nähe. In wenigen Minuten steht der 160 PS starke Unimog auf dem Hof.
Für uns wird wahr, was fast alle Jungs gerne einmal zaubern würden: Eine Runde mit dem Schneepflug fahren. Wir besteigen den Unimog und trauen uns den Fahrkünsten von Snowman1 an. Jetzt erleben wir den Schneepflug von einer anderen Perspektive: Von der Fahrerkabine aus.
Als die ersten Schneeverwehrungen zu sehen sind, bringt Snowman1 das Schild in Schwimmstellung und räumt den Schnee zur Seite. Bei Bedarf kann er das Schild auch geradeaus oder nach links ausrichten. Mit 40 bis 60 Km/h befreit er die Straßen von den Schneeverwehungen. Der Schnee wird an den rechten Straßenrand geschoben. Bei einer schnellen Straßenfahrt fliegt er in hohem Bogen in Richtung Graben.
Zwischen Schild und Fahrbahn entsteht zum Teil Funkenflug. Das ist insbesonders in der Dunkelheit ein eindrucksvolles Schauspiel.
Auf seiner Route Orange in den Höhenlagen des Donnersbergkreises geht es immer entweder bergauf oder bergab. Routiniert fährt er über die engen Kreisstraßen und durch die noch engeren Ortschaften. Er weiß zentimetergenau wo die Straße aufhört und er Bordstein anfängt. Ab und an fahrt er an einer Abzweigung kurz geradeaus und befreit dort das Schild von dem Schnee, der sich daran festgesetzt hat. So vergeht die Zeit wie im Pflug.
Snowman1 fährt zurück zur Straßenmeisterei. Er steigt von Unimog ab und nimmt auf dem Radlader im Salzlager Platz.
Er befüllt das Streufahrzeug mit drei Schaufeln Salz. Wir verabschieden uns von Snowman1, schauen noch kurz bei dem Kolonnenführer vorbei, bedanken uns für die Informationen und die angenehme Zusammenarbeit.
Danach begeben wir uns mit dem Tiguan über gut geräumte Straßen wieder über den Donnersberg in Richtung Kirchheimbolanden.
In der Nacht hören wir immer mal wieder ein Gegrummel. Wir können dieses Geräusch zuordnen: Es sind die Kollegen von Snowman1 bei ihren nächtlichen Räumarbeiten.
(c) 2010 Peter Gaß