Der Feststoffeintrag – die unterschätzte Gefahr
lws./svlfg. WIESBADEN / KASSEL. Auch wenn die Unfallstatistik der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) in Biogasanlagen vergleichsweise geringe Zahlen ausweist, sind jedoch hier die Unfallfolgen oft schwer oder gar tödlich. Unfälle ereignen sich zum Beispiel bei der Reinigung des Fermenters, bei Arbeiten an Rührwerken oder auf erhöht liegenden Arbeitsplätzen sowie in Eintragsystemen für flüssige oder feste Substrate.
In den vergangenen Jahren kam es bei Arbeiten in Feststoffeintragsystemen mehrfach zu sehr tragischen Unfällen mit Todesfolge:
- Der Verunfallte stürzte in einen versenkten Feststoffeintrag und wurde von der Förderschnecke erfasst und eingezogen.
- Durch eine Revisionsklappe ist der Verunfallte in den Feststoffdosierer eingestiegen. Die Zerkleinerungswerkzeuge liefen automatisch an.
- Beim Versuch, eine Verstopfung mit einer Mistgabel zu beseitigen, stürzte der Verunfallte von einer den Dosierer umfassenden Mauer in den Feststoffeintrag und wurde eingezogen.
Verantwortung der Hersteller
Um bei Feststoffdosierern die Sicherheit zu gewährleisten, müssen auch sie der Maschinenrichtlinie entsprechen. Dafür trägt der Hersteller die Verantwortung. Besonders bei zusammengestellten oder verketteten Anlagen muss die Verantwortung geklärt sein. Bestätigt wird dies durch die Konformitätserklärung und das Anbringen eines CE-Kennzeichens an der Maschine. Feststoffeinträge müssen beispielsweise so konzipiert sein, dass möglichst keine Verstopfungen oder Störungen, zum Beispiel durch Brückenbildung, auftreten.
Sicherheitsmaßnahmen einhalten
Zudem müssen selbst anlaufende bewegliche Teile, wie Messer oder Förderschnecken, so angebracht sein, dass sie nicht von Personen erreicht werden können. Hier schreiben die Sicherheitsregeln für Biogasanlagen (Technische Information Nr. 4 „Sicherheitsregeln für Biogasanlagen“ der SVLFG) vor, dass die Wände von Feststoffeinträgen eine Mindesthöhe von 1,30 Metern mit Abdeckung und 1,80 Metern ohne Abdeckung haben müssen. Versenkte oder teilversenkte Vorlagen mit mechanischen Teilen, wie Schnecken oder Zerkleinerungswerkzeugen, sind durch eine ausreichend hohe, nicht übersteigbare Begrenzung gegen Hineinstürzen zu sichern. Muss diese beispielsweise zum Befüllen geöffnet werden, muss eine automatische Abschaltung der mechanischen Teile in der Feststoffvorlage, in der Regel durch einen Kontaktschalter, erfolgen. Durch diese Maßnahmen kann ein Hineinstürzen in den Feststoffauftrag und ein Erfassen durch die Förderschnecken verhindert werden.
Die Wände von Feststoffdosierern müssen so ausgeführt sein, dass sie nicht begehbar sind, um ein Hineinstürzen zu verhindern. Ein sicherer Aufstieg, der ein Hineinschauen ermöglicht, aber ein Hineinstürzen verhindert, kann dennoch sinnvoll sein. Dies kann zum Beispiel durch fest angebrachte oder verschiebbare Treppenpodeste mit entsprechendem Geländer gewährleistet werden. So kann eine Kontrolle erfolgen, ohne dass eine Absturz- oder Verletzungsgefahr durch das Erreichen beweglicher Teile besteht. Hier können auch am Feststoffdosierer angebrachte Spiegel oder Schaugläser hilfreich sein.
Sind Feststoffdosierer mit Revisionsöffnungen ausgestattet, so muss bei deren Öffnen die mechanische Bewegung automatisch stoppen beziehungsweise muss die Öffnung verriegelt sein, wenn die mechanischen Teile laufen beziehungsweise diese sich im Automatikbetrieb befinden. Zudem ist bei automatisch anlaufenden Teilen ein Warnzeichen anzubringen.
Bei Arbeiten am/im Feststoffeintragsystem muss zudem Folgendes beachtet werden:
- Führen Sie Arbeiten in Behältern nie alleine aus. Eine zweite Person kann Ruf- oder Sichtverbindung halten und im Notfall die erforderlichen Maßnahmen einleiten.
- Unterweisen Sie Mitarbeiter und Familienangehörige.
- Vor Arbeiten in Feststoffdosierern sind die mechanischen Teile außer Betrieb zu nehmen und gegen Wiederingangsetzen zu sichern, zum Beispiel durch einen gesicherten Schalter.
- Stellen Sie sicher, dass sich im Behälter keine gefährlichen Gase angesammelt haben (zum Beispiel Kohlendioxid, Schwefelwasserstoff oder Methan).
- Tragen Sie robuste Arbeitskleidung, Sicherheitsschuhe sowie Handschuhe mit Stech- und Schnittschutz.
- Decken Sie bei Arbeiten im Feststoffdosierer scharfe Teile ab, um Verletzungen zu vermeiden.
- Es muss im Vorfeld geklärt werden, wie eine schnelle Personenrettung aus dem Feststoffdosierer erfolgen kann.
Im Zweifel sollte die fachkundige Hilfe eines erfahrenen Instandhaltungsunternehmens in Anspruch
genommen werden.
Foto: Peter Gaß
Text: Dr. Florian Heuser, Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG), Fachartikel vom 28. September 2017
Namentlich gekennzeichnete Beiträge werden von den Autoren selbst verantwortet. Diese Beiträge geben die Meinung, Wertung, Darstellung des jeweiligen Autors wider. Ein solcher Beitrag gibt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion bzw. des Herausgebers wider.
Über das Schwerpunktthema: Auf der Internetseite www.Der-Landwirt-schafft.de gibt es jährlich ein Schwerpunktthema. Im Jahr 2019 ist dies die Energiewirtschaft. Jeweils am ersten Montag eines Monats erscheint dazu ein Beitrag. Es erscheinen Beiträge aus den Rubriken Versorger, Praxis, Unfallverhütung und Politik. Die einzelnen Themen können dem Redaktionsplan entnommen werden.
Das sagt die SVLFG über sich selbst (Stand: 01.08.2014): Die SVLFG ist zuständig für die Durchführung der landwirtschaftlichen Unfallversicherung für über 1,6 Millionen Mitgliedsunternehmen mit ca. 1 Million versicherten Arbeitnehmern, der Alterssicherung der Landwirte für fast 250.000 Versicherte und über 600.000 Rentner sowie der landwirtschaftlichen
Kranken- und Pflegeversicherung für über 700.000 Versicherte im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Sie führt die Sozialversicherung zweigübergreifend durch und bietet ihren Versicherten und Mitgliedern umfassende soziale Sicherheit aus einer Hand. Die SVLFG ist maßgeschneidert auf die Bedürfnisse der in der Land- und Forstwirtschaft sowie im Gartenbau tätigen Menschen und ihrer Familien.