Zwischenfrüchte um jeden Preis?
lws./dlg. WIESBADEN / FRANKFURT AM MAIN. Mit den Greening-Auflagen hat der Anbau von Zwischenfrüchten einen spürbaren Schub erhalten. Neben den gesetzlichen Regelungen gibt es eine ganze Reihe guter Argumente, den Zwischenfruchtanbau positiv zu sehen. Hat der Zwischenfruchtanbau auch negative Seiten?
Im Jahr 2016 waren 68 Prozent der für das Greening gemeldeten Flächen mit Zwischenfrüchten bestellt, gefolgt von Brache (15 Prozent) und Leguminosen (12 Prozent). Durch Beschattung und Durchwurzelung verbessern gut entwickelte Zwischenfrüchte die Bodenstruktur, speichern Nährstoffe, verringern Wind- und Wassererosion und unterdrücken Unkraut und auflaufendes Ausfallgetreide. Im Rübenanbau sind sie lange zur Nematodenbekämpfung bekannt. Mit diesen Eigenschaften fördern sie durch ihre Anwesenheit die Biodiversität und stabilisieren die Erträge der Folgefrüchte.
Dem gegenüber werden der Wasserverbrauch, die Stickstoffimmobilisierung in der Biomasse und die Förderung von Krankheiten und Schädlingen kritisch hinterfragt. Auch fällt die Saatzeit in die Arbeitsspitzen der Getreideernte. In jedem Fall schlagen die oft hohen Kosten für das Saatgut beim Anbau erst einmal zu Buche, während die Vorteile erst langfristig oder nur indirekt zu erkennen sind.
Die Vorgaben für Greening-Zwischenfrüchte schränken die Flächenbewirtschaftung ebenfalls ein. Dabei spielen die Vorschriften der zulässigen Arten eine wichtige Rolle. Da keine Beseitigung des Aufwuchses im Herbst/Winter durch eine Bodenbearbeitung erlaubt ist, sollten sie sicher abfrieren, möglichst spät Samen bilden und im Spätsommer frohwüchsig und konkurrenzstark sein. Es ist also nicht ganz einfach, den Zwischenfruchtanbau richtig zu organisieren.
In den vorgeschriebenen Mischungen dürfen keine Wirtspflanzen von Nematoden (Kartoffel, Rübe) sein, und der bisher als „gesund“ eingestufte Rauhafer kann als Wirtspflanze für virusbeladene Blattläuse zur Übertragung des Gelbverzwergungsvirus beitragen.
Sind mit den Auflagen zu viele Nachteile verbunden, sollten Zwischenfrüchte wie bisher außerhalb des Greenings angebaut werden (Beispiel Kartoffelbau) oder gegebenenfalls gänzlich darauf verzichtet werden. Zuckerrüben gedeihen nach Strohmulch oft genauso gut wie nach Zwischenfrüchten.
Der Leguminosenanteil in Zwischenfruchtgemengen wird bisher positiv betrachtet, darf doch kein Mineraldünger zum Anbau eingesetzt werden. Untersuchungen bei Erbsen zeigen einen recht hohen bis totalen Befall mit dem scharfen Adernmosaik-Virus (PEMV). Ackerbohnen sind davon weniger betroffen. Diese Viren sind in Deutschland und Österreich sehr verbreitet. Die Infektion zeigt sehr eindeutige Symptome und führt zu teilweise hohen Ertragsreduktionen – aber nicht zum Totalausfall. Die Ãœbertragung erfolgt durch Blattläuse und mechanisch, jedoch nicht durch Saatgut. Als Wirtspflanzen sind Erbsen, Ackerbohnen, Wicken- und Kleearten aber auch Tabakarten bekannt. Obwohl resistente Erbsensorten vorhanden und Resistenzmarker bekannt sind, ist die Resistenz bisher kein primäres Zuchtziel bei Proteinerbsen und Ackerbohnen.
Eine weitere Gruppe bilden die Luteo-/Poleroviren, für die Resistenzen/Toleranzen teilweise beschrieben, aber anhand von Symptomen kaum zu unterscheiden sind. Ihr Ertragsverlustpotenzial ist bislang nicht quantifiziert. Auch Nanoviren (kleine Viren), die verzwergte und vergilbte Pflanzen hervorrufen, werden durch Blattläuse übertragen. Der Fundort dieser Viren ist auf das Phloemgewebe beschränkt, sie sind nicht mechanisch oder samenübertragbar. Die Nanoviren verbreiten sich zunehmend in Europa. In letzter Zeit wird das Spektrum durch das Nekrotische Erbsenverzwergungsvirus (PNYDV) ergänzt. Als Vektoren sind die Erbsenblattlaus, Kuhbohnenlaus und Bohnenlaus identifiziert. Unter den Leguminosen gibt es einen breiten Wirtskreis, jedoch auch viele, bisher nicht anfällige Arten.
Die Diskussion dreht sich im Wesentlichen darum, wie die Herbstsaaten von Winterraps und Wintergetreide in Zukunft wirksam vor Virusinfektionen geschützt werden können. Durch die Verbreitung der Zwischenfrüchte entsteht eine „grüne Brücke“ von den Altbeständen hin zu den Herbstaussaaten. Nach milden Wintern kann sogar eine Übertragung auf Sommerkulturen erfolgen.
Die Restriktionen beim Greening (keine Insektizidbehandlungen) und der Wegfall der Saatgutbeizung mit wirksamen Insektiziden stellen den Pflanzenbau vor hohe Herausforderungen.
Der Schutz vor Virusinfektionen ist schon deshalb schwierig, weil das Auftreten der Vektoren (Zikaden, Blattläuse) schwer vorherzusagen ist. Damit wird deren Bekämpfung sehr aufwändig und lückenhaft. Im Ökolandbau sind diese Probleme bereits heute stark verbreitet. Auch herrscht noch große Unsicherheit, welche Pflanzen (Kultur- wie auch Wildpflanzen) Wirt welcher Viren (und deren Rassen) sind und über welche Vektoren die Verbreitung erfolgt.
Foto: Peter Gaß
Einleitung: Peter Gaß
Text: Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft e. V. (DLG), Pressemitteilung vom 10. März 2017
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