Jenny spielt mit dem Feuer
Lodernde Flammen und warme Gedanken
Es ist Januar. Es regnet. Es schneit. Es taut. Es gefriert. Ich bin unterwegs im PflasterHans-Land. In den Nachrichten gibt es ein beherrschendes Thema: die Finanzkrise. Da leuchtet mein Mobiltelefon. Ich sehe, dass Jenny mich anruft. Sofort werden die düsteren Gedanken um die Finanzen und um die Krise verdrängt.
Jenny war bei ihrer Schwester. Die beiden Frauen haben einen Abend vor dem offenen Kamin verbracht. Welcher Mann hätte da nicht gerne einmal Mäuschen gespielt. Jenny wäre nicht Jenny, wenn sich ihre Gedanken dabei ausschließlich um Männer, Diäten, Cellulitis, Mode und Friseurtermine gedreht hätten. Jenny hinterfragt die Dinge, und so stellt sie sich die Frage „Wie kommt der Baum in den Ofen?“ Solche Fragen gibt sie gewöhnlich an mich weiter. So auch diesmal. Diese Frau hält mich auch an kalten Januartagen auf Trab. Ich sage ihr zu, mich darum zu kümmern.
„Die Antwort auf diese Frage findet sich am besten im Wald“, denke ich mir. Also packe ich Kamera und Zubehör, robuste Schuhe, Handschuhe und alles, was ich sonst noch benötige, in das Fahrzeug. Auf dem Weg in den Stadtwald von Kirchheimbolanden fahre ich bei der Bäckerei Steingaß und der Metzgerei Klag vorbei, um mich mit Proviant zu versorgen. Mein Freund und Kollege Zickentirol ist sofort bereit, mich bei diesem Einsatz zu unterstützen. Er kommt direkt nach der Nachtschicht zum vereinbarten Treffpunkt.
Im Wald treffen wir Günter. Er ist mit seinem IHC und einer Spaltmaschine im Dauereinsatz. Die Bäume sind schon gefällt. Einige Stämme liegen noch im Wald. Die meisten hat er an den vergangenen Tagen bereits an den Wegesrand gezogen und dort mit der Motorsäge in ein Meter lange Stücke geschnitten.
Jetzt geht es darum, diese Baumstücke zu spalten. Günter rangiert den IHC mit der Spaltmaschine nahe an die zerschnittenen Baumstämme. Die Spaltmaschine wird wackelfrei platziert. Der Antrieb erfolgt über die Zapfwelle. Die nächste Aufgabe besteht darin, die Stämme von der Horizontalen in die Vertikale zu heben. Dafür ist viel Muskelkraft erforderlich. Dann werden die Stämme unter den Spalter gestellt.
Die Bedienung des Spalters erfolgt von hinten mit einem Hebel. Das scharfe Beil wird von oben auf den Stamm gepresst und spaltet diesen. Das geschieht pro Stamm so oft, bis er eine Größe hat, die in den Ofen passt. Zickentirol schafft es mit seiner berühmten ruhigen Hand, diesen Vorgang von allen Seiten mit der Kamera einzufangen.
Neben uns, die wir arbeiten, sind noch viele andere Menschen in dem Wald unterwegs. Es sind Jogger und Spaziergänger. Einige nehmen die Holzarbeiten kaum zur Kenntnis. Andere schauen gespannt zu. Wieder andere bleiben stehen und halten mit uns ein Schwätzchen.
Die gespaltenen Meterstücke werden am Wegesrand gestapelt. Dort warten sie auf den Abtransport. Nach dem Trocknen werden sie mit der Kreissäge in 25 cm oder 33 cm lange Stücke geschnitten und können verbrannt werden.
Zeit für eine Pause. Die Fleischwurst schmeckt mit den Brötchen an der frischen Luft besonders gut. Der heiße Tee tut gut. Das Obst und ein Stück Schokolade geben Energie für die nächste Runde.
Die Spaltmaschine kann nicht nur Meterstücke, sondern auch kürzere Stämme spalten. Dazu wird ein Sockel angebracht und die Baumscheiben werden daraufgelegt und gespalten. Das geht schneller und weniger schweißtreibend als das Hacken mit der Axt.
Im Januar wird es früh dunkel. Wir müssen zeitig aus dem Wald heraus. Zeit, um Jenny den Film zu übermitteln. Zickentirol fährt nach Hause und holt den versäumten Schlaf nach. Nach kurzer Zeit klingelt mein Mobiltelefon. Jenny ruft an. Ich wärme mich an ihrem üblichen Anruf zum Dank. Sie freut sich, dass sie wieder etwas darüber gelernt hat, wie der Landwirt schafft. Ich übermittle ihre Grüße an Günter und beschließe den Tag bei knisterndem Feuer in Gedanken an diese beeindruckende Frau.
Erst als ich in den Nachrichten wieder etwas über die Finanzkrise höre, fällt mir auf, wie wohltuend und ruhig die Zeit im Wald war.