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Trends bei der Kartoffeltechnik

Branchenfenster: Obst / Gemüse. Foto: Peter Gaß Die Kartoffel stellt als Frucht mit intensivem Erdkontakt vielfältige Leistungsanforderungen. Foto: Peter Gaßdlg. DETHLINGEN/HANNOVER. Die stark schwankenden Wetterbedingungen bei der Kartoffelbestellung und -ernte in Westeuropa zeigen deutlich, dass von der Technik für eine Frucht mit intensivem Erdkontakt sehr vielfältige Leistungsanforderungen zu erfüllen sind. Dies setzt sich bei der Lagerung und Aufbereitung fort, um eine hohe Qualität der Knollen bis zum Verbraucher sicherzustellen.

Bestellung
Trotz der in Deutschland weiter zurückgehenden Kartoffelanbaufläche verbleiben viele Standorte in der Produktion, die über einen erhöhten Anteil an Steinen oder Kluten verfügen. Hier wird vielfach eine kostenintensive Bodenseparierung vor dem Legen durchgeführt, um die Leistung und Knollenqualität bei der Ernte nicht durch unerwünschte Beimengungen zu beeinträchtigen. Neben den klassischen zweireihigen Lösungen werden auch dreireihige Ausführungen angeboten, die bei Einhaltung der Maschinenbreiten für den Straßentransport eine höhere Arbeitsleistung ermöglichen. Durch die gleichzeitig notwendige Umstellung der Erntetechnik auf die größere Aufnahmebreite ergibt sich jedoch ein Investitionsvolumen, das erst von wenigen Betrieben realisiert wird. Darüber hinaus sind dreireihige Maschinen bisher nur als gezogene Roderlader oder ursprünglich vierreihige Selbstfahrer verfügbar, die eine große Einsatzfläche sowie eine entsprechende Transport- und Einlagerungstechnik voraussetzen.

Beim Kartoffellegen auf separierten Flächen dominieren zweireihige Maschinen, die in Abhängigkeit vom geforderten Bunkerfassungsvermögen als angebaute oder angehängte Ausführungen zur Verfügung stehen. Diese grundsätzliche Wahlmöglichkeit besteht auch bei den vierreihigen Legemaschinen. Bei der Kombination mehrerer Arbeitsgänge in einer Überfahrt kann es jedoch, vor allem in Verbindung mit einer Reihendüngung, zu stark ansteigenden Maschinengewichten kommen, die sich bei angehängten Lösungen deutlich schonender auf den Boden übertragen lassen. Gleichzeitig ergibt sich eine größere Flexibilität bei der Nutzung der Anbauräume, z. B. für angetriebene Bodenbearbeitungsgeräte sowie Flüssigbeizung und Granulatstreuer.

Um auch auf kleineren Flächen eine hohe Wendigkeit zu behalten, werden spezielle vierreihige Maschinen für die 3-Punkt-Hydraulik angeboten, die in sehr kompakter Bauweise Bodenbearbeitung, Legen und Dammaufbau miteinander kombinieren. Die Schlaggröße und -zahl steht häufig auch bei den flächenstärkeren Kartoffelbaubetrieben einem arbeitswirtschaftlich sinnvollen Übergang auf eine sechs- oder achtreihige Legetechnik entgegen. Hier versuchen die Hersteller den Wechsel von der Arbeits- in die Transportstellung durch Längsfahreinrichtungen sowie unterschiedliche Dreh- und Klapptechniken für die gesamte Maschine oder die äußeren Legeeinheiten möglichst einfach und schnell zu lösen. Die Spurführung angehängter Maschinen kann durch eine GPS-gesteuerte Lenkachse auch auf geneigten Flächen deutlich verbessert werden. In der Praxis treten aber immer noch Probleme auf, wenn die Signalstärke nicht auf der gesamten Fläche zur Verfügung steht oder die Nutzung dieser erzeugten Daten bei der Spurführung der Erntemaschine mit einem Fabrikatswechsel des Traktors verbunden ist.

Pflege
Ein Großteil der neuen Legemaschinen verfügt heute über Werkzeuge zum Aufbau des Enddammes direkt beim Legen, so dass vor allem der Bedarf an gezogenen Häufelgeräten stetig zurückgeht. Auf schwereren Standorten steigen die pflanzenbaulichen Risiken des zeitgleichen Lege- und Enddammaufbaus, wenn die Boden- und Witterungsbedingungen, wie z. B. in Frühjahr 2013, keinen zügigen Aufgang des Pflanzgutes unterstützen. Vor diesem Hintergrund kommen dort noch vermehrt Reihenfräsen als Solomaschinen zum Einsatz, deren Arbeitsbreite von zwei bis acht Reihen auf die Legemaschinenbreite abgestimmt sein sollte. Nach dem Einbau zusätzlicher Fräswerkzeuge sind diese Geräte z. T. auch als Vollfeldfräse für die Bodenbearbeitung zum Kartoffellegen oder der Bestellung anderer Feldfrüchte einsetzbar. Mit speziellen Nachläufern lassen sich zudem strukturstabile Dämme für Möhren oder andere Gemüsearten aufbauen.

Für Betriebe, die auf Herbizide verzichten wollen, stehen verschiedene Pflegegeräte zur Verfügung, die sowohl im Vor- als auch im Nachauflauf einsetzbar sind. Eine Unterbrechung des Beikrautwachstums kann mit den unterschiedlichen Werkzeugen entweder durch das Herausziehen bzw. Abschneiden oder das Zudecken der Pflanzen erreicht werden. Der Bekämpfungserfolg ist dabei umso größer, je kleiner das Beikraut und je trockener der Boden ist. Gleichzeitig muss die Bearbeitungstiefe und -intensität der Pflegewerkzeuge mit der Entwicklung der Kartoffelpflanzen zurückgenommen werden, da deren Wurzelwerk den Damm immer stärker durchdringt und damit die Gefahr von ertragsbeeinflussenden Schädigungen steigt. Mit aktiven Lenkeinrichtungen, wie Scheibensechen oder Rädern, sowie in einem weiteren Schritt mit der Nutzung GPS-gesteuerter Lenkautomaten lässt sich die Qualität der Pflegearbeiten deutlich verbessern.

Ernte
In Deutschland kommen bei der Kartoffelernte vorwiegend Bunkerroder zum Einsatz, da sie eine Entkoppelung zwischen der eigentlichen Rodearbeit auf dem Feld und dem Abtransport des Erntegutes ermöglichen. Dies ist vor allem für kleinere Betriebe von Vorteil, die nicht über genügend Arbeitskräfte verfügen, um beide Verfahrensschritte gleichzeitig durchzuführen. Darüber hinaus bietet die Nutzung weiterer Standwagen als Pufferspeicher unabhängig von der Betriebsgröße die Möglichkeit, auch größere Hof-Feld-Entfernungen zu überbrücken, ohne die Kontinuität der Rodearbeit zu gefährden. Darüber hinaus lassen sich mit einem Bunkerroder auch relativ einfach Großkisten auf dem Feld befüllen und dann direkt ins Lager bringen.

Die von den einreihigen Bunkerrodern bekannte Abstufung der Modellpalette, vor allem über die Dimensionierung der Siebfläche und das Fassungsvermögen des Bunkers, ist jetzt in zunehmendem Maße auch bei den zweireihigen Ausführungen zu beobachten. Dabei soll vor allem wachsenden Betrieben über etwas kleinere und einfacher ausgerüstete Modelle der Übergang vom ein- zum zweireihigen Bunkerroder erleichtert werden. Unterstützt wird dieser Trend durch den vermehrten Einsatz der Bodenseparierung, so dass die höhere Ernteleistung der zweireihigen Maschinen in der Praxis effektiver nutzbar ist. Gleichzeitig kann auf intensive Beimengungstrenneinrichtungen verzichtet werden, die unter günstigen Rodebedingungen die Leistung begrenzen können. Auf Flächen mit wechselnden Böden sind weiterhin zweireihige Bunkerroder erforderlich, die mit unterschiedlichen Baugruppen eine leistungsfähige Abtrennung knollenähnlicher Beimengungen aus dem Erntegut ermöglichen. Die immer wieder angestrebte Integration einer opto-elektronischen Trennanlage in eine Kartoffelerntemaschine hat bisher nicht zu einer praxisreifen Lösung geführt.

Erntemaschinen auf schweren Standorten nutzen hinter dem Siebkanal zumeist quer- oder längsliegende Walzenpaare zur weiteren Erd- und Beimengungstrennung. Vor allem unter feuchten Rodebedingungen beweisen Axialwalzen ihre Leistungsfähigkeit, während ihre Aggressivität unter trockenen Bodenverhältnissen schnell ansteigt. Hier stellen dann Bypässe über verschiebbare Siebketten oder einschwenkbare Walzenelemente eine beschädigungsmindernde Lösung dar. Für die Nutzung solcher Walzentrennungen in Bunkerrodern bieten sich vorrangig Maschinen in klassischer zweistöckiger Bauweise und umlaufendem Hochförderelement an. Es ist aber auch ein modularer Austausch gegen die letzte, kurze Kette im Siebkanal eines zweireihigen Roders mit u-förmigem Gutstromverlauf möglich.

Ein vermehrtes Interesse erfährt gegenwärtig wieder das geteilte Ernteverfahren, bei dem die Kartoffeln zunächst aus dem Damm gerodet und in einem Schwad auf dem Boden abgelegt werden, bevor die eigentliche Erntemaschine sie nach einer Abtrocknungsphase aufnimmt. Die speziellen zwei- oder vierreihigen Schwadleger übernehmen dabei in der ersten Überfahrt die Absiebung des Bodens und z. T. auch noch eine erste grobe Krauttrennung. Während der Zwischenlagerung auf dem Feld können die Knollen abtrocknen und damit ihre Lagereignung deutlich verbessern. Durch das Fehlen des Erdanteils im Schwad kann ein einreihiger Roder einen zweireihigen Schwad bzw. ein Zweireiher einen vierreihigen Schwad aufnehmen. Dies bietet die Voraussetzungen für eine deutliche Leistungssteigerung sowie eine hohe Knollenschonung, wenn auch der weitere Fluss des Gutstromes in der Erntemaschine nicht durch bauartbedingte Engpässe eingeschränkt ist.

Auf eine vergleichbare Leistungssteigerung zielt auch das angereicherte Verfahren ab, bei dem die Knollen aus zwei oder vier Reihen zwischen zwei bzw. vier Dämmen abgelegt und dann gemeinsam aufgenommen werden. Neben den herkömmlichen Schwadlegern mit seitlicher Ablage werden auch geschobene Modelle für die Fronthydraulik des Rodetraktors angeboten, so dass in einer Überfahrt die doppelte Menge an Kartoffeln geerntet werden kann. Diese vergleichsweise kurzen Maschinen verfügen jedoch nur über eine begrenzte Siebleistung und stellen für den Traktorfahrer eine zusätzliche Kontroll- und Regelaufgabe dar. Eine Abtrocknung der Kartoffeln findet im angereicherten Verfahren kaum statt, da auch bei einer längeren Zwischenlagerung die zwischen den Dämmen liegenden Knollen nur langsam und ungleichmäßig ihre Oberflächenfeuchtigkeit abgeben.

Mit einer zunehmenden Ernteleistung auf dem Feld steigen auch die Ansprüche an die nachfolgende Abfuhr- und Einlagerungskette deutlich an. Insbesondere die Dimensionierung der Annahmeeinrichtung und Förderbänder im Lager müssen so ausgelegt sein, dass die üblichen Schwankungen im Ernte- und Transportbereich oder wiederholte Lagerortwechsel durch Leistungsreserven problemlos ausgeglichen werden können. Beim Handling von Großkisten werden die Einlagerungskapazitäten schnell und einfach durch den Einsatz eines weiteren Gabelstaplers gesteigert. Der Übergang zu deutlich größeren Kistenmaßen stellt dagegen eine weitreichende Entscheidung für den gesamten Verfahrensabschnitt dar, die häufig nur bei größeren Erweiterungsmaßnahmen getroffen wird. In die Einlagerungskette für lose angelieferte Kartoffeln lassen sich neben den zur Basisausrüstung gehörenden Enterdungswerkzeugen auch Vorsortierer und Gummifingerbänder zur Krautabtrennung integrieren. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass alle zusätzlichen Knollenbewegungen auch potentielle Gefährdungsstellen für Beschädigungen beinhalten, die die Produktqualität beeinträchtigen können.

Lagerung und Aufbereitung
Gerade vor dem Hintergrund schwieriger Erntebedingungen suchen die Lagerhalter vermehrt nach Lösungen, um auch die offenen Großkisten für die Raumbelüftung zu Lagerungsbeginn aktiv abzutrocknen und damit die Lagereignung des Erntegutes deutlich zu verbessern. Neben der Schaffung von überdachten, gut durchlüfteten Kistenstellplätzen außerhalb des Lagers kommen vermehrt mobile Zwangsbelüftungssysteme zum Einsatz, die über ein Gebläse die Luft durch den Kisteninhalt saugen oder drücken. Die Luftverteilung erfolgt über einen etwa einen halben Meter breiten Freiraum zwischen den jeweils zwei Kistenreihen, der nach oben und zum Ende über eine Plane oder einen Luftsack verschlossen wird.

Der Erfolg dieser Maßnahme hat dazu geführt, dass beim Neu- und Umbau von Lagerhäusern diese Zwangsbelüftungssysteme für offene Großkisten auch vermehrt als stationäre Lösungen zum Einsatz kommen. Die Effektivität der Belüftung lässt sich weiter erhöhen, wenn beim Bau neuer Kisten bestimmte konstruktive Vorgaben, wie seitlich geschlossene Palettenböden oder versetzt angeordnete Längs- und Querbretter, beachtet werden. Neutrale Untersuchungen haben aber gezeigt, dass auch bei diesen Verfahren physikalische Abhängigkeiten bestehen, die der Stapellänge deutliche Grenzen setzen. Bei der Lagerung von Kartoffeln in Kisten mit einem Fassungsvermögen von über 2 t Kartoffeln wird zumeist auf die klassische Zwangsbelüftung über den Palettenboden zurückgegriffen, die auch bei ungünstigen Rode- und Einlagerungsbedingungen eine gleichmäßige Abtrocknung des gesamten Kisteninhalts unterstützt. Mit dem zunehmenden Einsatz maschineller Kälteanlagen lässt sich die konstante Klimaführung in den Kartoffellagerhäusern weiter absichern. Bei den Bedienelementen für die Belüftungssteuerung ist ein deutlicher Trend in Richtung Touch-Screen-Lösung und die optionale Kombination mit mobilen Anwendungen zu erkennen. Beides trägt aber nicht automatisch zu einer größeren Verständlichkeit der ablaufenden Prozesse bzw. der erforderlichen Veränderungen der Regelgrößen bei.

Während sich in der überbetrieblichen Aufbereitung die opto-elektronischen Automaten für das Verlesen und z. T. auch für die Größensortierung gewaschener Kartoffeln etabliert haben, gestaltet sich der Einsatz dieser Technik bei ungewaschener Rohware auf den landwirtschaftlichen Betrieben deutlich schwieriger. Erste Lösungen befinden sich im Praxistest, z. B. für die Größen- und Qualitätsaufbereitung von Pflanzkartoffeln, müssen aber noch ihre Leistungsfähigkeit bei wechselnden Einsatzbedingungen unter Beweis stellen. Gleichzeitig ist eine Weiterentwicklung opto-elektronischer Beimengungstrennungen zu beobachten, die zukünftig auch weitere Mängelknollen, z. B. mit Fäulnis, bei der Einlagerung detektieren und aussondern sollen.

Foto: Peter Gaß
Text: Dr. Rolf Peters, Versuchsstation Dethlingen, Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Munster, Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft e. V. (DLG), Pressemitteilung Nr. 13 vom 11. Septemer 2013, anläßlich der AGRITECHNICA 2013

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