Entwicklungstrends in der Pflanzenschutztechnik
dlg. MÜNSTER/HANNOVER. Neue Trends im Bereich der Pflanzenschutztechnik werden aus verschiedenen Richtungen angestoßen. Zum einen von Seiten des Gesetzgebers, der in zunehmendem Maße Faktoren wie Dokumentation, Schutz von Nichtzielorganismen, Punkteinträgen und noch einiges mehr in den Mittelpunkt rückt. Und zum anderen hat auch die Praxis ein ureigenes Interesse daran, Pflanzenschutzmittel möglichst gezielt, exakt dosiert und nur im notwendigen Maße einzusetzen. Und eben an dieser Schnittstelle lassen sich einige interessante technische Lösungsansätze feststellen.
Pflanzenschutzgeräte – angebaut, angehängt oder selbstfahrend?
Sicherlich geht der Trend zu noch größeren Fassvolumina im gezogenen Bereich. Hier sind Behältergrößen von 10.000 l und mehr keine Seltenheit mehr. Möchte man jedoch die Schlagkraft über die Fassgröße im angebauten Bereich lösen, zeigen die Hersteller mit entsprechenden Fronttanksystemen ebenfalls Möglichkeiten auf, um dem „kleinen Selbstfahrer“ zu einer weiteren Akzeptanz in der Praxis zu verhelfen. Auch neue Schädlinge, Sonderkulturen und zu erwartende Applikationen in sehr hohen Kulturen haben eine kleine Trendwende in Richtung von Selbstfahrern gesetzt. Hier werden „Komplettlösungen“ angeboten, die nahezu keine Wünsche offen lassen.
Intelligente Pflanzenschutztechnik
Über alle Spritzsysteme hinweg ist ein Trend unübersehbar: Die Auslastung der Spritze kann und muss noch gesteigert werden. Hierbei stellen sicherlich die elektronischen Hilfsmittel einen entscheidenden Faktor dar. Neben den neuen Konzepten in der Gestängeaufhängung und -steuerung unterstützen den Landwirt die Agrarcomputer bei der Lösung vieler Probleme. So kann bei Kurvenfahrten die Ausbringmenge in Teilbreiten / Sektionen variabel nachgeregelt werden, um die Unter- bzw. Überdosierung bei diesen kritischen Flächen zu vermeiden. Gerade vor dem Hintergrund der exakten Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln und der Resistenzdiskussion ist dies ein ganz entscheidender Faktor. Auch bieten Mehrtanksysteme mit einer entsprechenden Steuerung gerade den Lohnunternehmern und Großbetrieben eine Möglichkeit, unterschiedliche Spritzbrühen und Mittelkombinationen zu realisieren. Eine exakte Gestängeführung im vertikalen Bereich (Wankbewegung) ist die Voraussetzung vieler „neuer“ Applikationsverfahren, wie z. B. den Düsenabstand auf 25 Zentimeter im Gestänge zu verringern. Stellt dieses Verfahren möglicherweise eine Option dar, um den Spagat der Reduzierung der Abdrift und der optimalen biologischen Wirkung noch besser zu meistern. Neben den klassischen Abstandssensoren stellen neuartige Gestängekonzepte potenzielle Lösungsansätze für dieses Problem dar. Doch auch die horizontalen Gestängebewegungen (Gierbewegung) werden mittels neuartiger Kameratechnik und Steuerungen näher unter die Lupe genommen, um auch hier eine Unter- bzw. Überdosierung von Pflanzenschutzmitteln zu vermeiden.
Umweltrelevante Themen können auch der Praxis helfen
Die Befüllung der Feldspritze mit Pflanzenschutzmitteln stellt in vielen Fällen einen kritischen Bereich dar, wodurch die Umwelt nachhaltig belastet werden kann. Doch nicht nur die Umwelt profitiert von dem technischen Fortschritt in diesem Bereich, sondern auch der Praktiker kann hier bares Geld sparen. Stehen mit den Systemen, wie z. B. Quantofil M, Dosiereinrichtungen zur Verfügung, die ein exaktes und Klecker freies Befüllen von Spritzen schon jetzt ermöglichen. Doch zukünftig gibt es auch geschlossene Systeme, die über entsprechende Adapter nahezu an jeder Spritze installiert werden können, um flüssige Pflanzenschutzmittel in die Spritze einzufüllen. Neben den positiven Umweltaspekten werden hierbei durch den Verzicht der Nutzung einer Einspülschleuse auch potenzielle Spritzschäden in Nachfolgekulturen minimiert bis ausgeschlossen. Automatisierte Reinigungssysteme bleiben weiterhin auf dem Vormarsch und unterstützen den Praktiker dabei, Rüstzeiten wie Reinigen von Filtern, Schläuchen etc. während der Spritzsaison zu vermeiden.
Welche Düse ist die Beste?
Unter den heutigen Bedingungen wird man feststellen, dass im Bereich der Abdrift reduzierten Düsen so gut wie alle Hersteller Düsentypen anbieten, die sowohl im Bereich der kompakten Injektordüsen wie auch bei den langen Injektordüsen anzusiedeln sind. Hierbei kann der Praktiker nun aus einem breiten Angebot JKI-anerkannter, abdriftreduzierter Düsen auswählen, um für seinen Betrieb die ideale Düse zu finden. Aufpassen sollte man jedoch weiterhin, dass man nicht nur in Sachen Abdriftreduzierung optimiert und die biologische Wirkung dabei vergisst. Dies ist vor allem auch zu beachten, wenn man an die immer stärker reduzierten Wassermengen oder die steigenden Fahrgeschwindigkeiten denkt. Hauptziel sollte doch sein, die Anwendungsqualität durch eine ausreichende Benetzung und bei Bedarf mit einer ausreichenden Bestandsdurchdringung abzusichern. Ob es nun die „klassische“ Flachstrahl- oder Doppelflachstrahl-Injektordüse sein soll, bleibt dem Einsatzbereich und den äußeren Bedingungen geschuldet. Doch aus heutiger Sicht gibt es eigentlich nur den Griff zur Injektordüse, der einem die biologische Wirksamkeit sichert und somit einen guten Ertrag garantiert. Bestimmte Mittel haben im Bereich der Vorauflaufbehandlung dazu geführt, dass es seit kurzem eine neue Abdriftminderungsklasse mit 95 Prozent gibt. Diese Vorauflaufdüsen ermöglichen eine Applikation mit extrem geringem Feintropfenanteil bei einer guten biologischen Wirkung.
Foto: Peter Gaß
Text: Harald Kramer, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen (Pflanzenschutzdienst), Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft e. V. (DLG), Pressemitteilung Nr. 11 vom 11. Septemer 2013, anläßlich der AGRITECHNICA 2013
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