Die Biogasanlage St. Alban im Portrait
Die Entwicklung der Biogastechnologie ist offensichtlich eine Erfolggeschichte, denn mittlerweile werden in Deutschland über 7.500 Anlagen und davon ca. 120 in Rheinland-Pfalz betrieben. Im restlichen Europa zusammen liefern aber nur etwa 1.000 Anlagen Biogas. Sind wir jetzt besser als die anderen oder bedienen wir nur einen monetär gut unterfütterten Boom? Diese Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten. Die Akzeptanz und Auseinandersetzung mit dieser Form der Biomassenutzung wird jedenfalls sehr konträr geführt. Auch an der Verbandsgemeinde Rockenhausen geht diese Entwicklung nicht vorbei. Grund genug näher draufzuschauen.
Der „Anbau nachwachsender Rohstoffe in der Verbandsgmeinde Rockenhausen, Donnersbergkreis, Rheinland-Pfalz (NaWaRoK)“ ist das Schwerpunktthema auf der Internetseite www.Der-Landwirt-schafft.de im Jahr 2013. Die Berichterstattung erfolgt in enger Abstimmung zwischen Peter Gaß, dem Betreiber der Internetseite, und Georg Budell von der Verbandsgemeindeverwaltung Rockenhausen. Jeden Monat am ersten Montag erscheint ein Beitrag rund um das Schwerpunktthema. Die Berichterstattung ist in die Bereiche Politik, Portrait und Landtechnik gegliedert. Das dritte Portrait von Georg Budell widmet sich dem Biogas, das auch in der Verbandsgemeinde Rockenhausen eine Rolle spielt.
Mit viel Engagement und natürlich auch eigenem wirtschaftlichen Risiko für den Anlagenbetreiber, ging die Biogasanlage St. Alban von Herrn Dhom im September 2011 ans Netz und erzeugt dort ca. 2.400 MWh Strom und 2.100 MWh Wärme. Für die Abwärmenutzung konnte noch keine geeignete Abnahme realisiert werden. Verschiedene Möglichkeiten wurden schon diskutiert und so besteht zum einen die feste Absicht eine Gärresttrocknung zu installieren. Diese wäre auch im Rahmen einer Lohntrocknung sinnvoll einsetzbar, um z. B. holzartige Biomasse (Hackschnitzel) oder auch Ersatzbrennstoffe wie Klärschlamm zu trocknen. Außerdem könnte eine Investition in ein zusätzliches Blockheizkraftwerk (BHKW) zu einer Kapazitätssteigerung von 380 kWel auf 600 kWel und somit zu weiteren Wärmepotenzialen führen. So würden, laut Schätzungen von Herrn Dhom, jährlich 3.900 MWh Strom eingespeist und 4.200 MWh Wärme verfügbar sein. Allein die Gärresttrocknung führt zu einer deutlichen Verringerung der Ausbring- und Lagerkosten des „Naturdüngers“. Die Gewinnung von Ammoniumsulfat mittels Ammoniakwäsche bei der Abluftbehandlung könnte dabei eine weitere Ressource darstellen. Hinsichtlich der Akzeptanz in der Bevölkerung wäre dies auch positiv zu bewerten, da der schwarze, flüssige Gärrest nach der Ausbringung zu häufigen Diskussionen führte.
Die Entwicklung des Baus von Biogasanlagen in Deutschland war in den letzten Jahren ungebremst und rief auch den Gesetzgeber auf den Plan, der mittlerweile die Einsatzmenge von Mais (aber auch Corn Cob Mix, Lieschkolbenschrot und Getreide) auf 60 Prozent im Jahresdurchschnitt deckelte. Regional kam es zu einer Verdichtung des Maisanbaus, Kritiker sprechen dabei auch von einer „Vermaisung“ der Landschaft. Die bisweilen praktizierte Anlage von Sonnenblumenstreifen entlang der Rad- und Feldwirtschaftswege ist sicher schon ein Schritt zur Entspannung, aber noch keine Lösung. In Rheinland-Pfalz ist in den letzten Jahren eine deutlich ansteigende Tendenz zu Silomais festzustellen. Im Jahr 2009 wurden 26.200 Hektar angebaut, im 2010 waren es 28.900 Hektar und im Jahr 2011 schon 30.700 Hektar. Tendenziell lässt sich dieser Trend auch in der Verbandsgemeinde Rockenhausen feststellen. Dort hat sich der Maisanbau von 203 Hektar im Jahr 2007 auf 269 Hektar im Jahr 2010 erhöht.
Mais ist eine Pflanze der Tropen und Subtropen, deshalb liebt sie es hell und warm. Dies zeigt sich sehr deutlich an der Ertragsbildung, die eng mit dem Temperaturverlauf gekoppelt ist. Mais ist sehr leistungsfähig und gehört zu den sogenannten C4-Pflanzen, d. h. der Stoffwechsel hinsichtlich der CO2 Verwertung funktioniert etwas anders, aber effizienter als bei unseren üblichen C3-Pflanzen. Um Masse aufzubauen, braucht er im Verhältnis wenig Wasser und profitiert von den tendenziell wärmer werdenden Sommern.
Wenn wir uns aber die Folgen des Maisanbaus anschauen, muss leider festgestellt werden, dass Erosion, Monokulturen, verstärkter Pestizideinsatz und Bodenverdichtungen durch Großmaschineneinsatz trotz besseren Wissens nach wie vor dominieren. Ein wenig beachteter Aspekt ist auch die energetische Bilanz der Substraterzeugung. Hierbei kommen wir schnell an Grenzen, denn der Primärenergieaufwand kann schon mal das Doppelte und mehr ausmachen, als am Ende als Energiegehalt des Ernteguts herauskommt. Günstiger sieht es bei biologisch wirtschaftenden Betrieben aus, die z. T. ja auch Biogas erzeugen und dementsprechend Mais anbauen.
Der natürliche Prozess einer Vergärung an sich ist auch mit erheblichen Einbußen behaftet. So verbleibt vom Energiegehalt des Substrates nur 20 bis 25 Prozent in Form nutzbaren, elektrischen Stroms. Die verschiedenen Bakterien (hydrolytische, säurebildende und methanbildende Bakterien) verstoffwechseln ja unter Energieverlust hoch energiehaltige, organische Substanz zum denkbar kleinsten Kohlenwasserstoffmolekül, dem Methan. Der Vorteil liegt aber darin, dass auch ansonsten kaum nutzbares Material einer sinnvollen Verwertung zufließt und in Verbindung mit Gülle, die wegen des Stickstoffbedarfs der Bakterien nötig ist (C-N-Verhältnis) ein für die Düngung besseres Produkt erzeugt wird, als die unvergorene Gülle.
Insgesamt muss die Energieerzeugung aber kritisch hinterfragt und unabhängig von der zweifellos funktionierenden Ökonomie beurteilt werden. So ist der Gebrauch von synthetischem Stickstoffdünger – die Ammoniaksynthese braucht sehr viel Primärenergie und induziert höhere, klimaschädliche Lachgasemissionen – und zu lange Fahrwege bei der Ernte und Verbringung zur Verwertung eine erhebliche Einschränkung bei der Gesamtenergiebilanz. Die empfohlenen 15 Kilometer als maximaler Radius um eine Biogasanlage werden selten eingehalten. Auch ist die schwere Erntetechnik, die in aller Regel über Lohnunternehmer zum Einsatz kommt, sehr energieintensiv.
Im Rahmen eines Workshops mit Anlagenbetreiber Herr Dhom sowie Bürgerbefragungen und -versammlungen in dem an die Anlage angrenzenden Ortes Gerbach wurde die grundsätzliche Möglichkeit eines Nahwärmenetzes festgestellt. Die Umsetzung scheint hingegen eher fraglich, da die Gemeinde sehr gespalten ist. Geruchsbelästigungen, Lärmemissionen durch Ernte und Transport, sowie durch das Blockheizkraftwerk und der reichlich angebaute Mais erzürnen so manchen Anwohner. Dies zeigt, wie emotional und bisweilen wenig sachlich die Dinge laufen. Eine sinnvolle Verwertung der Abwärme wäre zwar dringend geboten, aber die notwendige Akzeptanz ist auch aus nachvollziehbaren Gründen nicht geboten.
Die weitere Entwicklung der Biogasszene muss abgewartet werden. Sogar branchenintern wird die schnelle und überhastete Entwicklung mit Sorgen gesehen. Zudem die Pacht- und Bodenpreise deutlich ansteigen und die rechtlichen Rahmenbedingungen höhere Anforderungen stellen.
Erfreulich erscheinen aber interessante Versuche mit weiteren Substratpflanzen. Denn außer Sudangras, durchwachsene Silphie, Szarvazigras und Amaranth, werden sogar Wildpflanzengemenge mit gutem Erfolg eingesetzt. Für die künftige Entwicklung muss auf alle Fälle eine Harmonisierung der ökonomischen und ökologischen Faktoren unter Einbeziehung der Gesamtenergiebilanz im Vordergrund stehen.
Text: Georg Budell, Verbandsgemeindeverwaltung Rockenhausen
Foto: Peter Gaß