Leguminosen – vortreffliches Mastfutter und gewaltige Dungkraft
Am 6. Juni 2013 blickt die Fachwelt auf ein Feld in der Gemarkung Bolanden, Ortsteil Weierhof, Donnersbergkreis, Rheinland-Pfalz. Auf dem Bioland-Betrieb Zerger wird vom Kompetenzzentrum ökologischer Landbau Rheinland-Pfalz gemeinsam mit dem Projekt „Steigerung der Wertschöpfung ökologisch angebauter Marktfrüchte durch Optimierung des Managements der Bodenfruchtbarkeit“ ein Feldtag durchgeführt. Der Sortenversuch zeigt neben zehn Erbsensorten auch Gemengevariationen mit Getreide, Ölpflanzen, Phacelia, Koriander, blaue und weiße Lupinen, Linsen und Sojabohnen. Georg Budell hat die Schauparzellen vorab besucht und erläutert seine Sicht auf das Thema Leguminosen.
Der „Anbau nachwachsender Rohstoffe in der Verbandsgmeinde Rockenhausen, Donnersbergkreis, Rheinland-Pfalz (NaWaRoK)“ ist das Schwerpunktthema auf der Internetseite www.Der-Landwirt-schafft.de im Jahr 2013. Die Berichterstattung erfolgt in enger Abstimmung zwischen Peter Gaß, dem Betreiber der Internetseite, und Georg Budell von der Verbandsgemeindeverwaltung Rockenhausen. Jeden Monat am ersten Montag erscheint ein Beitrag rund um das Schwerpunktthema. Die Berichterstattung ist in die Bereiche Politik, Portrait und Landtechnik gegliedert. Das zweite Portrait von Georg Budell widmet sich den Leguminosen, die auch in der Verbandsgemeinde Rockenhausen eine Rolle spielen.
Eiweißpflanzen sind derzeit im Trend. Und wenn wir über Eiweiß reden, reden wir über Stickstoff. Und wenn wir über Stickstoff reden, reden wir über eine Menge Umweltprobleme. Erinnern wir uns: Ohne Stickstoff läuft schlicht nichts in Gartenbau und Landwirtschaft. Und heute kommt der überwiegende Teil des Düngers aus der Ammoniaksynthese (Haber-Bosch-Verfahren), die eine gewaltige Menge an Primärenergie verschlingt (ca. 1,5 Prozent des Weltenergieverbrauchs). Dies ist im Zuge der Energiewende und der Klimadiskussion sicher wenig zielführend.
Der Weltverbrauch an Stickstoffdünger liegt heutzutage bei über 100 Millionen Tonnen (rein Stickstoff). Aber nach eingehenden wissenschaftlichen Untersuchungen könnte die weltweite Leistung an natürlicher Stickstofffixierung durch Leguminosen die synthetisch hergestellte Menge vollständig substituieren. Derzeit ist nur von 40 bis 50 Millionen Tonnen reinem Stickstoff durch Leguminosen auszugehen. Potenziell könnten aber sieben Milliarden Tonnen durch Leguminosenanbau erzeugt werden. Warum geschieht dies nicht? Trotz Fördermaßnahmen und besten wissenschaftlichen Grundlagen scheint die Umsetzung nur sehr halbherzig zu erfolgen. Als Argumente sind das teure Saatgut und auch dessen Verfügbarkeit zu nennen. Aber auch eine mögliche Grundwasserbelastung durch zu viel Stickstoff wird angeführt. Aber sind diese Gründe wirklich haltbar?
In den letzten zehn Jahren jedenfalls, ist der Leguminosenanbau in Deutschland um die Hälfte zurückgegangen. Trotz des Verbraucherwunschs nach gentechnikfreien Futtermitteln, scheint noch wenig Bewegung aufzukommen. Nicht genmanipulierte Ware ist bei Soja nicht mehr möglich, da es kein getrenntes Vertriebssystem gibt und auch global mittlerweile die meisten Erzeugerländer auf transgene Pflanzen setzen. Die Lösung wäre der heimische Anbau von Eiweißpflanzen, um der Abhängigkeit von Soja und weiterer Importfuttermittel, die zu erheblichen Umweltbelastungen und sozialen Verwerfungen in anderen Erdteilen führen. Gerade die Dominanz von Sojaschrot in der Fütterung führt auch zu einer enormen Verschlechterung der Gesamtenergiebilanz. Trotz dieser aktuellen Diskussion bleiben die Anbaumengen im marginalen Bereich.
Der Leguminosenanbau soll zwar stärker gefördert werden, um Alternativen zu Importware zu schaffen, aber ein wirklicher Durchbruch ist nicht in Sicht. Und dies trotz der Tatsache, dass wir derzeit nur von maximal 30 Prozent Selbstversorgungsgrad bei Proteinfuttermitteln in der EU ausgehen können. Bundesweit werden in den letzten Jahren um die 350.000 Hektar angebaut, hierbei entfallen auf etwa ein Drittel der Fläche Körnerleguminosen. Für Rheinland-Pfalz liegt die Anbaufläche derzeit bei rund 8.500 Hektar (ha) mit nur einem Fünftel Körnerleguminosenanteil. Während in der Verbandsgemeinde Rockenhausen 2007 noch 354 ha Leguminosen angebaut wurden, waren es 2010 nur noch 322 ha, wobei die Futtererbsen im gleichen Zeitraum von 36 auf 6 ha gefallen sind.
Teures Saatgut, unsichere Ertragslage, klimatische Schwankungen bzw. ungünstiger Witterungsverlauf werden auch hier vor Ort als hinderlich genannt und natürlich die Einschränkungen für Hochertragskulturen wie Weizen und Raps. Phytosanitäre Bedenken, der Zwang zu weiten Fruchtfolge und eine ungünstigere Eiweißqualität gegenüber Soja folgen als Argumente unisono. Doch im natürlichen Kreislauf ist die Symbiose der Knöllchenbakterien mit den Leguminosenwurzeln der einzige Weg Luftstickstoff in den organischen Kreislauf einzuspeisen. Und das macht in jeder Hinsicht Sinn.
Zwischenfrüchte, Untersaaten oder Zweitfruchtanbau verhalfen unserer Landwirtschaft und der Fruchtbarkeit unserer Böden erst zum Durchbruch. Beim Einbau in die Fruchtfolge können Stickstoffeinsparungen von mindestens 30 kg je Hektar erreicht werden. Die Ernährung der wachsenden Bevölkerung und die industrielle Revolution wären ohne die Fortschritte in der Landwirtschaft durch Leguminosenanbau nicht möglich gewesen. Die Überwindung von Flurzwang und Brache sind hier zu nennen, die den allgemeinen Aufschwung beflügelten. Die spätere Substitution durch Industrieprodukte ist geradezu als fatal zu bezeichnen.
Erbsen und Linsen gehören zu den ältesten Kulturpflanzen und blicken – wie unser Getreide – auf etwa 10.000 Jahre Kulturgeschichte zurück. Etwas später folgten die Ackerbohnen. Diese Pflanzen wurden auch in der Pfalz schon spätestens seit der Antike angebaut. In der Kurpfalz ging besonders die 1769 gegründete physikalisch-ökonomische Gesellschaft in Kaiserslautern durch die Favorisierung des Kleeanbaus in die Geschichte ein. Ein wichtiger Schritt, doch auch das Herzogtum Pfalz-Zweibrücken publizierte am 19. März 1775 eine Anweisung über den Ackerbohnenanbau. Und dies nicht nur weil die Bohnen als „das vortrefflichste Mastfutter“ angesehen wurden, sondern auch da sie „dem Acker eine solche Dungkraft verschaffen“.
Pioniere, wie Albert Schultz-Lupitz (1831 – 1899), der durch gezielten Lupinenanbau arme Sandböden in fruchtbare Hochleistungsstandorte verwandelte und nicht zuletzt der deutsche Chemiker Hermann Hellriegel (1831 – 1895), der 1886 den Zusammenhang zwischen Knöllchenbakterien und der Fähigkeit der Pflanzen elementaren Stickstoff aus der Luft verwerten zu können entdeckte. Ein wichtiger Durchbruch für eine umweltverträgliche Landwirtschaft.
Mehr als 700 Gattungen mit über 18.000 Arten und weltweiter Verbreitung repräsentieren unsere Leguminosen. Sie sind auch an die unterschiedlichsten Biotope angepasst und wichtiges Glied im globalen Stickstoffkreislauf der Biosphäre. Nur eine Wiederbesinnung auf diesen natürlichen Weg wird zu einer energetisch sinnvollen und umweltverträglichen Landwirtschaft führen.
Text: Georg Budell, Verbandsgemeindeverwaltung Rockenhausen
Foto: Peter Gaß
Das Projekt „Steigerung der Wertschöpfung ökologisch angebauter Marktfrüchte durch Optimierung des Managements der Bodenfruchtbarkeit“ wird durch das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz im Rahmen des Bundesprogramms Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft gefördert.
Mehr Informationen zu den Feldtag „Bodenfruchtbarkeit und Körnerleguminosenanbau“ sind beim Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Rheinhessen-Nahe-Hunsrück, Rüdesheimer Straße 60 – 68, 55545 Bad Kreuznach, www.oekolandbau.rlp.de, zu erhalten. Ansprechpartner ist Christine Zillger, Telefon 06 71 / 8 20 – 4 15.