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Trends bei der Kartoffeltechnik

Claudia mit Speisekartoffeln. Claudia mit Speisekartoffeln. Die besondere Abhängigkeit des Kartoffelertrages und der Knollenqualität von den Witterungsbedingungen der jeweiligen Vegetationsperiode zieht deutlich schwankende Erlöse nach sich. Dies führt zu einem stetigen Kosten- und Qualitätsdruck in der Kartoffelproduktion, um im Wettbewerb mit den anderen Feldfrüchten bestehen zu können. Das breit gefächerte Angebot der Maschinenhersteller unterstützt dabei eine an der Verwertungsrichtung und den damit verbundenen Anforderungen orientierte Mechanisierung der Betriebe.

Traktor und Maschine wachsen weiter zusammen

Bei der Kartoffelernte herrschen im Gegensatz zu vielen anderen Früchten immer noch gezogene Maschinen vor, da vor allem die temperaturabhängige Beschädigungsempfindlichkeit der Knollen einer kostenoptimierten Auslastung selbstfahrender Roder entgegen steht. Mit dem verstärkten Einsatz von hydraulischen Antrieben und Steuerungen in den gezogenen Erntemaschinen konnte deren Bedienbarkeit deutlich verbessert werden, so dass heute vor allem gemeinsam mit stufenlos angetriebenen Zugtraktoren bereits sehr anpassungsfähige Rodeeinheiten zur Verfügung stehen. Ein weiterer Entwicklungsschritt ist jetzt die konsequente Umsetzung des Datenaustausches zwischen Traktor und Anbaugeräten über die standardisierte ISOBUS-Schnittstelle. Dies ermöglicht ein noch intensiveres Zusammenwachsen beider Maschinen bis hin zu einer automatischen Steuerung von Teilfunktionen des Traktors durch einzelne Trennaggregate des Roders. So lässt sich z. B. der Erhalt eines durchgängigen Erdpolsters bis zum Ende des Siebkanals über die Erfassung des Drehmoments und der Schichtdicke auf der Siebkette in Regelgrößen umsetzen, die bei der Über- bzw. Unterschreitung einstellbarer Grenzwerte automatisch eine Anpassung der Vorfahrtgeschwindigkeit des Traktors nach sich ziehen. Diese Vorauswahl verschiedener an der Verwertungsrichtung der Kartoffeln orientierter Einsatzprofile war bisher nur bei einigen vollhydraulisch angetriebenen Selbstfahrern möglich.

Vorteile dieser aktiven Regelungsmöglichkeit des Traktors durch angebaute und angehängte Maschinen lassen sich auch beim Legen oder dem Dammaufbau nutzen. Dies führt nicht nur zu einer Verbesserung der Arbeitsqualität, sondern entlastet auch den Traktorfahrer von intensiven Kontroll- und Steuerungsaufgaben. In die gleiche Richtung zielt auch die noch weitreichendere Nutzung von Sensoren und Kameras, die vor allem in schlecht einsehbaren Bereichen der Ernte- und Legemaschinen zur Vermeidung von Funktionsstörungen oder Qualitätsbeeinträchtigungen beitragen.

Während sich die teilflächenspezifische Ertragskartierung bei der Kartoffelernte noch in der Testphase befindet, lassen sich mit der Gewichtsfeststellung vor dem Abbunkern Teil- bzw. Gesamterträge für einzelne Partien oder Flächen bestimmen. Diese Daten können nach einer zeitnahen, automatischen Übertragung auf den Betrieb auch als Basis für die weitere Logistikkette genutzt werden, um z. B. die Anzahl der erforderlichen Abfuhrgespanne exakter zu planen oder die Kartoffelmenge innerhalb einer Feldmiete genauer zu erfassen sowie auch das zulässige Gesamtgewicht der Transportfahrzeuge, vor allem bei einem höheren Erdanteil im Erntegut, nicht zu überschreiten. Zu einer einfacheren Disponierung des Pflanzgutes können auch dreidimensionale Sensoren beitragen, die im Abgabebereich der Legeeinheiten nicht nur die Knollenzahl, sondern auch die Knollengröße erfassen und daraus den aktuellen Pflanzgutverbrauch pro Hektar berechnen.

Verfahrenstechnik

Beim Kartoffellegen stellen die vierreihigen Maschinen noch immer die Basismechanisierung für viele Betriebe dar. Durch die Kombination der Legemaschine mit Werkzeugen zum Enddammaufbau und vor allem zur Reihendüngung sind die Maschinen aber kaum noch in der Dreipunkthydraulik zu tragen, so dass vermehrt auf angehängte Ausführungen mit einem noch größeren Bunkerfassungsvermögen übergegangen wird. Für noch größere Arbeitsbreiten werden neben sechs- bzw. achtreihigen Lösungen mit Längsfahrteinrichtungen auch Maschinen mit jeweils ein oder zwei seitlich ausklappbaren Legeeinheiten angeboten. Die Pflanzgutversorgung dieser äußeren Legeelemente erfolgt über schmale, sensorgesteuerte Förderbänder aus dem zentralen Vorratsbunker. Im eingeklappten Zustand ist ein schnelles Umsetzen der Maschine auch auf öffentlichen Straßen möglich.

Durch den vermehrten Einsatz von Legemaschinen mit Formblechen oder Stabwalzen zum Enddammaufbau geht die Bedeutung der in einem getrennten Arbeitsgang einsetzbaren Pflegegeräte in erster Linie auf den leichten und mittleren Böden langsam zurück. Es bleibt dennoch ein breites Angebot an unterschiedlichen Geräten verfügbar, die sowohl über die Auswahl der Lockerungs- als auch der Häufelwerkzeuge eine Anpassung an die betriebsspezifischen Standortbedingungen ermöglichen. Bei den Lösungen für den herbizidfreien Anbau dominieren aufgrund ihrer größeren Arbeitsbreiten weiterhin Netzeggen und Striegel, während für den Dammaufbau zumeist herkömmliche Häufelgeräte eingesetzt werden.

Auf schwereren Standorten setzt der einphasige Dammaufbau günstige Bodenbedingungen voraus, so dass noch überwiegend Reihenfräsen zum Einsatz kommen. Für die Fräswelle stehen verschieden geformte Werkzeuge in unterschiedlicher Anzahl zur Verfügung, die gemeinsam mit dem Zusammenspiel von Drehzahl und Vorfahrtgeschwindigkeit zur Optimierung von Dammaufbau und Kraftstoffverbrauch beitragen. Beim Einsatz einer Reihenfräse werden auch schnell die Vorteile einer arbeitsgangübergreifenden Spurführung deutlich, in dem die beim Legen verwendeten und abgespeicherten Positionssignale auch für die Steuerung der Fräse genutzt werden. Eine zentimetergenaue Steuerung setzt neben einer zusätzlichen Referenzstation als Ergänzung zum GPS-Signal bisher auch noch eine eigenständige Empfangs- und Steuereinheit für die Reihenfräse voraus. Es zeichnet sich aber ab, dass die Funktionen dieser beiden kostenintensiven Baugruppen zukünftig auch vom traktoreigenen Autopilotsystem übernommen werden können und lediglich noch eine zweite Antenne als Signalgeber erforderlich sein wird.

Der überwiegende Teil der ein- und zweireihigen Bunkerroder ist heute so aufgebaut, dass der Gutstrom u-förmig durch die Erntemaschine geführt wird. Ein wesentlicher Entwicklungsschwerpunkt bei diesen Rodern ist die Optimierung der Umlenkungen des Kartoffelflusses, da sie bei günstigen Erntebedingungen zumeist als erstes die Leistung begrenzen und ihr Durchsatz häufig nur auf Kosten eines höheren Beschädigungsrisikos zu steigern war. Hier haben sowohl veränderte Anstellwinkel der Ableitwalzen als auch größer dimensionierte Baugruppen zu deutlichen Vorteilen geführt. Kontinuierliche Entwicklungsschritte sind ebenfalls in den für die Erdabsiebung wichtigen Bereichen der Dammaufnahme und des Siebkanals zu beobachten. Bei den zweireihigen Bunkerrodern haben neue Baureihen mit umlaufenden Ringelevatoren das Angebot erweitert. Diese Bauweise erleichtert am Ende des Siebkanals die Anordnung zusätzlicher Trennelemente, wie z. B. Axialwalzen, die vor allem auf schwereren, klutenreichen Böden die Arbeitsqualität nachhaltig verbessern. Für den reibungslosen Hochtransport des Erntegutes wurden das Fassungsvermögen und die gleichmäßige Beschickung der Förderelemente optimiert.

Die insgesamt weiter gestiegenen Rodeleistungen ziehen automatisch einen wachsenden Bedarf an noch schlagkräftigerer Einlagerungstechnik nach sich, da sich mit dem Entleeren der Transportfahrzeuge vielfach der größte Zeitbedarf in der Logistikkette verbindet. Neben größeren Arbeitsbreiten der Förder- und Enterdungswerkzeuge ist auch ein weiteres Anwachsen des Bunkervolumens zu beobachten, um eine Entkopplung zwischen der schnellen Entleerung des Anhängers und der eigentlichen Einlagerungsleistung zu erreichen. Dieser Effekt wird jedoch nur wirksam, wenn zwischen der Ankunft zweier Transportfahrzeuge so viel Zeit verbleibt, dass der Annahmebunker wieder weitgehend entleert werden kann.

Bei der Aufbereitung der Kartoffeln werden die höchsten Anforderungen hinsichtlich der äußeren und inneren Qualität an die Speisekartoffeln für den Lebensmitteleinzelhandel gestellt. Dies beginnt bei einer engen Sortierspanne und geht über das Waschen und Polieren bis zum elektronischen Verlesen der Knollen. Insbesondere beim elektronischen Verlesen und Sortieren sind nach der weitgehenden Etablierung der Maschinen in den größeren Aufbereitungsanlagen jetzt Optimierungsbestrebungen beim Durchsatz und der Trenngüte zu beobachten. Bisher bleibt das elektronische Verlesen aber auf gewaschene Kartoffeln beschränkt, da der unterschiedliche Verschmutzungsgrad der Lagerware von der Technik noch nicht als Selektionshindernis überwunden werden konnte. Eine etwas geringere Aufmerksamkeit erfährt gegenwärtig die Entwicklung mechanischer Sortiersysteme, obwohl diese Technik in allen Verwertungsrichtungen noch immer den primären Aufbereitungsschritt darstellt und sich für eine Weiterentwicklung durch die Nutzung neuen Sensor- und Antriebslösungen anbietet.

Bei der Verpackung von Speisekartoffeln geht der Trend stetig weiter zu kleinen Gebindegrößen und spiegelt damit das veränderte Verbraucherverhalten bei den Konsumenten wider. Dieser Entwicklung können sich auch die Direktvermarkter nicht entziehen, so dass Wiege- und Verpackungsautomaten für Kleingebinde im unteren Leistungssegment an Interesse gewinnen. Hinzu kommt eine steigende Nachfrage nach Palettierern und entsprechenden Wickelmaschinen, um die Produktqualität auch auf dem anschließenden Transport sicherzustellen.

Qualitätserhaltung und Energieeffizienz

Selbst bei den Speisekartoffeln verbringt heute ein größerer Teil der Knollen mehr Zeit im Lager als auf dem Feld, so dass hier die umfassende Erhaltung der Produktqualität über einen möglichst langen Lagerungszeitraum im Vordergrund steht. Mit dem vermehrten Einsatz von Großkisten als Lagerbehältnis ist auf vielen Betrieben bereits ein grundlegender Schritt in diese Richtung vollzogen worden. Dabei ist in den letzten Jahren aus logistischen Gründen eine Zunahme des Fassungsvermögens der Kisten zu verzeichnen, die sich dann häufiger in einer Vergrößerung der Grundfläche als in einer Zunahme der qualitätsgefährdenden Kistenhöhe widerspiegelt. Gleichzeitig muss mit der Lagerungsdauer aber auch die Unabhängigkeit von der Außenwitterung steigen, um den zunehmenden Temperaturschwankungen aktiv entgegenwirken zu können.

Vor diesem Hintergrund finden maschinelle Kühlanlagen immer stärkeren Eingang in die Praxis und tragen zu einer nachhaltigen Qualitätserhaltung bei. Ihr Einsatz ist jedoch mit zusätzlichen Kosten verbunden, die vor allem während eines warmen Frühjahrs überproportional ansteigen können. Dem gilt es neben einer ausreichenden Isolierung der Lagergebäude auch durch eine angepasste Dimensionierung und effiziente Betriebsweise der Kühlanlage gegenzusteuern. Hier erweist sich dann das einfacher zu beschickende und daher vielfach bevorzugte Lagerhaus mit offenen Großkisten als nachteilig, da für eine vergleichbare Abkühlung der Kartoffeln eine deutlich längere Laufzeit der Gebläse mit Außenluft oder maschineller Kühlung erforderlich ist als bei Zwangsbelüftungssystemen.

Text: Dr. Rolf Peters, Versuchsstation Dethlingen, Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Munster, DLG, Pressemitteilung Nr. 24 vom 21.09.2011
Foto: Peter Gaß

Dieser Beitrag wurde geschrieben am Montag, 13. August 2012 und wurde abgelegt unter "C. Branchenfenster, C.09 Obst, Gemüse, D. Arbeitsschritte, D.02 Aussaat, D.04 Ernte, D.06 Veredelung, E. Feldfrüchte, E.04 Gemüse, J. Landfrauen, J.28 Weitere, K. Medien, K.01 Text".

 

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